7. GEO-Tag der Artenvielfalt in New York
von Martin Meister
GEO-Redakteur Martin Meister berichtet vom großen Artencheck im "Big Apple" - die Parallelveranstaltung zu Berlin
Inhaltsverzeichnis
- Unerwünschte Einwanderer
"The race is on!" - in der New Yorker Bronx und dem angrenzenden Landbezirk Westchester County begann der große Artencheck wie ein Formel-1-Rennen. Startflaggen schwenkend setzten Earl Brown, Vize-Verwaltungschef der Bronx und Andrew Spano, Regierungspräsident des Westchester County, den "BioBlitz" in Gang - nicht uhren-, aber genau zeitgleich mit dem GEO-Tag der Artenvielfalt in Berlin. Beide Veranstaltungen waren als Zwillingsereignis aufeinander abgestimmt. Auch in den USA waren rund einhundert Experten für Pilze, Pflanzen und Tiere auf den Beinen, um an mehreren Untersuchungsorten längs des "Bronx River" in 24 Stunden das Maximum an Arten zu finden.
Über 1400 Tier- und Pflanzenarten brachte allein die Hauptaktion am 11. Juni im Berliner Tiergarten zu Tage.Mit Fotoshow
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Der letzte Süßwasserfluss in der City
Koordinator in Amerika war die "Bronx River Alliance", ein Verbund staatlicher und privater Organisationen zur Renaturierung des Flusses, seiner Ufer und der vielen angrenzenden Parkflächen. Der 37 Kilometer lange Bronx River ist der einzige verbliebene Süßwasserfluss in New York City - alle anderen wurden zugeschüttet oder verrohrt. Er entspringt unterhalb des Kensico-Stausees - Trinkwasserspeicher für ganz New York -, durchfließt den berühmten Bronx Zoo, den New Yorker Botanischen Garten sowie Industrieflächen in der südlichen Bronx, wo er in "East River" mündet. Dieser ist mit dem Atlantik verbunden, dessen salziges Wasser bei Tide auch in den Bronx River vordringt.
Brackwasser-Fauna und -Flora
Kein Wunder, dass Botaniker hier bei einem aufgegebenen Betonwerk das salzverträgliche robuste Schlickgras Spartina alterniflora (engl.: Smooth Cord Grass) antrafen. Auch die in Kolonien im Uferschlick siedelnde Winkerkrabbe Uca pugnax (engl.: Mud Fiddler Crab) verbreitete maritime Atmosphäre. GEO-Reporter Martin Meister - als Kontaktmann der Redaktion am Fluss unterwegs - kam das Greifscheren-Winken der Krabbenmännchen geradezu zärtlich vor.
Kreisch-Eulen und Strumpfband-Nattern
Sein Kontrasterlebnis hatte Meister weiter flussaufwärts auf einer ungenutzten Sperrfläche im Zoo: Eine Schnappschildkröte (Chelydra serpentina serpentina; engl.: Snapping Turtle) hatte den feucht-heißen Morgen zu Landgang und Eiablage genutzt. Nun fühlte sich das 45 Zentimeter lange Panzertier bedroht und schnellte sich dem Reporter maul-schnappend entgegen. Das Gute daran: Der Angriff bracht dem BioBlitz einen frühen ersten Eintrag in der Reptilienliste ein. Kurz darauf fand das Team von Dr. Michael Klemens, Herpetologe am Bronx Zoo eine Strumpfbandnatter (Thamnophis sirtalis; engl.: Garter Snake), der Ornithologe Dr. Robert DeCandido konnte im Gegenzug im Zoogelände während der Nacht eine Kreisch-Eule (Megascops asio; engl.: Eastern Screech Owl) aufspüren.
Unerwünschte Einwanderer
Alarmstimmung herrschte währenddessen im Westchester County. Seit Jahren ist die Parkverwaltung hier bemüht, solche fremdländischen Eindringlinge einzudämmen, die die heimische Flora verdrägen - allen voran der Japanische Staudenknöterich (Fallopia japonica), ein Knöterichgewächs mit bambusartiger Sprossachse. Am Freitagabend wurde in Westchester nun erstmals "Kudzu" (Pueraria montana var. lobata) gefunden, eine Schlingpflanze aus Asien von immenser Vitalität. Kudzu kann in drei Tagen bis zu einem Meter wachsen, als tödliches Blättermeer legt es sich über die umgebende Vegetation - in den USA bisher vor allem an der südlichen Ostküste.
Konferenz per Video
Um die Teilnehmer des Bio-Tags dies- und jenseits des Atlantiks einander näherzubringen, wurden die Ergebniskonferenzen in Berlin und New York am Samstag live per Video-Schaltung verbunden - dank der Unterstützung von Sony Europe und des Bronx Zoo. GEO-Reporter Martin Meister aus New York: "Ein kleiner Schritt für die Haustechniker, ein großer für den GEO-Tag der Artenvielfalt!"
Interview mit Edward O. Wilson
Per Video zugespielt wurde überdies ein Interview, das Meister in New York mit dem berühmten Ameisenforscher und Soziobiologen Edward O. Wilson geführt hatte. Wilson hat 1998 in Amerika selbst die Idee des "BioBlitz" mitgeboren - und war erstaunt, wie weit ausgreifend sie inzwischen auf Deutschland und Nachbarländer übergesprungen ist. Der Harvard-Professor lobte überdies die Deutsche Gesellschaft für Technische Zusammenarbeit (GTZ), die die Idee des GEO-Tags der Artenvielfalt in diesem Jahr auch nach Afrika getragen hat: "New York, Berlin, Mali! Ich hätte nicht gedacht, dass das solche Kreise zieht. Ich bin gerührt und begeistert. Und, obwohl wir gegenwärtig das größte Artensterben der Erdgeschichte erleben, doch voller Hoffnung."
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